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Teil 6: Immer mehr sehn, mehr vom Meer sehn

Nachdem wir uns am letzten Tag so in Richtung Norden gekämpft hatten, ging es nun durchweg wieder in Richtung Süden. Der Wind hatte über Nacht zum Glück nicht gedreht. Wir konnten uns also über Rückenwind freuen.

Wir befreiten unsere Räder aus der noblen Tiefgarage und die ersten Kilometer liefen wie von ganz allein. Sie vergingen wie im Flug. Wie am Vorabend fuhren wir durch die Dünen direkt am Meer entlang. Immer wieder konnten wir auch das Meer sehen.

Dann erreichten wir einen Naturpark, der nur tagsüber befahren werden durfte. Für die Nachtfahrer hatte der Veranstalter dafür extra eine Umfahrung herausgegeben. Wir brauchten diese nicht. Im Park machten wir Bekanntschaft mit ein paar Kühen. Ich hielt direkt bei ihnen an, weil ich ein Foto wollte. Maren hatte Respekt und fuhr erst einmal ein Stückchen weiter. Dann wollte sie doch ein Foto und kam zurück.

Auch hier scheint der gleiche Frisör am Werk gewesen zu sein

Etwas nervig war, dass der Park nicht asphaltiert war. Das niederländische Kopfsteinpflaster ist zwar nicht vergleichbar mit den runden brandenburgischen Feldsteinen aber wenn man circa 20 km drüber fahren muss, wird es doch irgendwie nervig. Zum Glück waren meine Sitzbeschwerden vom Vortag fast weg, so dass das nicht allzu schlimm war.

Niederländisches Kopfsteinpflaster

Ich brauchte unterwegs mal wieder ein WC, obwohl ich diesmal keinen Vla zum Frühstück gegessen hatte. Wahrscheinlich lag es einfach daran, dass wir etwa eine Stunde früher losgefahren waren und ich deswegen im Hotel nicht mehr war. In der RATN Facebook Gruppe wurde uns der Tipp gegeben, immer ein 50 Cent Stück in der Tasche zu haben. An der Küste sollte es zahlreiche WC-Häuschen geben. Wir fanden aber keines. Als wir dann endlich doch eines fanden, war es sehr dreckig und es gab kein Toilettenpapier. Schlechter hätte man das Geld nicht investieren können.

Im Hafengebiet um IJmuiden gab es einige Schienen zu queren. Ich weiß nicht mehr, wer damit angefangen hatte, auf jeden Fall entwickelten wir hier die perfekte Harmonie: „Achtung Schienen, liebe Maren!“ – „Danke, lieber Marc.“ Oder halt umgekehrt. Wir erreichten die einzige Fähre, die auf dem gesamten RATN Track lag. Im Vorjahr konnten die Fahrer auch hier über mehrere Brücken fahren, aber dort wurde jetzt gebaut. Wir mussten etwa 15 Minuten auf das Schiff warten. Maren hatte die Idee, die Zeit sinnvoll zu nutzen. Also reinigten wir unsere Fahrradketten.

Kurz darauf wurden wir in Bloemendaal von einem kleinen Berg überrascht. Wir fuhren nichts Böses ahnend auf einer ebenen Straße, dann eine 90 Grad Kurve und da ging es dann berghoch. Das bin ich dann im dicken Gang gefahren, da ich es nicht mehr schaffte in einen besseren Gang zu schalten.

Anschließend kamen wir nach Zandvoort, den Ort, der für seine Autorennstrecke bekannt ist. Sogar Formel 1 Rennen haben dort einmal stattgefunden. An diesem Tag war dort aber nichts mit Rennen. Zumindest auf den öffentlichen Straßen. Die ganze Stadt glich einem riesigen Parkplatz, wahrscheinlich weil eine Veranstaltung auf der Rennstrecke stattgefunden hatte. Uns war das egal. Wir radelten fröhlich am Stau, direkt an der Strandpromenade mit Meerblick, vorbei.

In Den Haag gönnten wir uns einen kleinen Offtrack-Exkurs. Wir fuhren mit unseren Rädern auf die Mole, welche die eine Seite vom Hafen begrenzte. Auch diesen Ort kannte ich aus einem Familienurlaub. Ich zeigte Maren, dass man von diesem Ort einen wunderschönen Blick auf Den Haag hat. Wir machten Fotos und fuhren dann weiter zu Simonis. Und auch das war bereits lange geplant gewesen. Wir wollten dort Hummer essen. Hummer während eines Radrennens. Ziemlich dekadent. Wir waren uns ziemlich sicher, dass wir die einzigen RATN Teilnehmer waren, die sich dafür Zeit genommen hatten. Lustigerweise hatten wir dabei sogar noch Kettenschmiere an den Fingern.

Den Haag
Hummer während eines Radrennens – unsere Premiere

Bis Hoek van Holland hatten wir Rückenwind, dann erfolgte ein Richtungswechsel. Wir fuhren nun in Richtung Osten, in Richtung Rotterdam. Es ging vorbei an Hafenanlagen und großen Schiffen. Ich war von der Größe des Hafengebiets überrascht.

Kurz vor Rotterdam trafen wir Leo Förster, den wohl beeindruckendsten Langstreckenfahrer den ich kenne. Mit seinen über 70 Jahren kann er auf über 600.000 geradelte Kilometer zurückblicken. 24 mal Superrandonneur. 6 erfolgreiche Teilnahmen an Paris-Brest-Paris. Schaut einfach mal auf seine Homepage: http://www.mrpbp.nl/pagina40.html Einfach unglaublich was der Mann alles gefahren ist. Leider sprach er nur holländisch. Wir wünschten ihm aber trotzdem viel Glück. Am Tag darauf erfuhren wir allerdings, dass er das Rennen aufgeben musste. Ich bin mir aber sicher, dass er es im nächsten Jahr noch einmal probieren wird.

Dann erwischte uns ein weiterer kurzer, heftiger Regenschauer. Keine Chance sich irgendwo unterzustellen. Zum Glück schien bereits kurze Zeit später wieder die Sonne und trocknete unsere Klamotten. Trotzdem ist die Stadt irgendwie nervig. Es waren sehr viele Radfahrer unterwegs und zusätzlich waren die Radwege doch recht schmal. Ich war ein wenig enttäuscht, weil Rotterdam eigentlich meine holländische Lieblingsstadt war. Auf jeder meiner drei Urlaubsreisen, die in die Niederlande führten, hatte ich die Stadt besucht. An diesem Tag wollte ich einfach nur wieder ins Grüne. Ganz witzig fand ich allerdings, dass in einem Park ein Rockkonzert stattfand und davor ein Platz mit hunderten abgestellter Fahrräder zu sehen war. Die Holländer fahren also mit dem Fahrrad zum Konzert.

Eines der Highlights des RATN Tracks sollte die Passage der Erasmus Brücke in Rotterdam sein. Auch darauf hatte ich mich eigentlich total gefreut und war hinterher etwas enttäuscht. Immerhin machten wir beide eine Menge guter Fotos, während wir über die Brücke fuhren. Ein Highlight der Tour war das allerdings für uns nicht.

Direkt nach der Brücke machten wir eine weitere Pause, denn dort war ein Jumbo-Markt in Sicht. Es war Feiertag in den Niederlanden und wir hatten Angst, kurz vor dem Hotel keinen offenen Supermarkt mehr zu finden. Oder besser gesagt ich hatte Angst. Eine Maren, die nichts zu essen bekommt, wollte ich nicht erleben. Wir suchten uns also ein Hotel und gingen direkt Einkaufen. Während der Pause fuhr Leo wieder an uns vorbei.

Anschließend ging es mit vollen Rucksäcken zur Küste zurück. Auf etwa halbem Weg zur Küste überholten wir Leo ein weiteres Mal. Es regnete mal wieder. Diesmal sogar mit Hagel. Sehr unangenehm im Gesicht.

Bei der Wahl unseres Hotels waren wir dann wohl doch etwas zu optimistisch. Es war zwar nicht mehr so sonderlich weit, aber wir hatten keinen Rückenwind mehr. Ganz im Gegenteil: Von Rotterdam bis zur Küste zurück hatten wir mal wieder Gegenwind. Außerdem hatten wir nichts zu trinken gekauft. Das wollten wir uns im Hotel besorgen. Auch dafür brauchten wir zusätzliche Zeit. Wir fuhren also so schnell es irgendwie ging.

Kurz vor dem Hotel waren wir dann eigentlich genau im Zeitplan. Hatten noch etwa 5km zu fahren. Und dann passierte genau das, was einem so kurz vor dem Feierabend noch den Tag versauen kann. Ich fuhr durch eine 90 Grad Kurve. Hörte einen Knall und sofort hatte ich auch schon keine Luft mehr auf dem Hinterreifen. Mist Dreck! Bei der Demontage des Reifens sah ich dann einen etwa 1 cm langen Schnitt im Mantel. Ich entschied mich auf Nummer sicher zu gehen und montierte unseren Reservemantel. Im ersten Moment ärgerte ich mich. Hatte ich durch die Eile zu viel riskiert? Hatte ich etwas übersehen? Oder einfach nur Pech? Schlussendlich waren wir dann aber doch froh, dass das ganze so glimpflich ausging. Kein „Oh, wir kriegen den Mantel nicht von der Felge!“ oder ähnliche Horrorgeschichten.

Das Hotel erreichten wir dann etwa 20 Minuten später als geplant. Mit dreckigen Fingern. Aber egal. Hauptsache wir konnten weiterfahren. Das Hotel entpuppte sich als nobler 4 Sterne Schuppen. Und dabei war es das günstigste Hotel, welches wir auf der ganzen Tour hatten. Die Räder sollten wir draußen in einen Fahrradständer abstellen. Das wollten wir allerdings nicht, da das Hotel relativ groß war und dort doch recht viele Menschen unterwegs waren. Schlussendlich wurden wir dann auf ein anderes Zimmer umgebucht und konnten die Räder über die Terrasse mit ins Zimmer nehmen. Perfekt.

Wir verschoben unser Zimmerpicknick und gingen nach dem Duschen direkt in die Bar, denn auch diese schloss bereits um 22 Uhr. Wir bestellten uns jeder etwas zu trinken und checkten auf dem Handy die sozialen Medien. Wir hatten vom Veranstalter eine E-Mail. Wir sollten unsere Tracker aufladen. Ging nur nicht ohne passendes Kabel. Eigentlich sollten die Tracker ja getauscht werden, was allerdings nicht passiert war. Wir fragten noch an der Rezeption nach, ob sie eventuell einen Mini-USB-Kabel hätten. Hatten sie aber nicht. Also beschlossen wir uns am folgenden Tag um das Problem zu kümmern. Denn jetzt war erst einmal Zeit für das Zimmerpicknick. Ich hatte so richtig großen Hunger.

Strava – Ich: https://www.strava.com/activities/2345109458

Strava – Maren: https://www.strava.com/activities/2345095081

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