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Für lecker Backfisch nach Stettin…kann man machen

Direkt nach der von Stefan organisierten Tour zum Mittelpunkt der DDR stelle ich mir die Frage: Schaffst du es auch 400km am Stück mit dem Rad zu fahren? Die Tour von Stefan war für mich 350km lang. Nur 50km mehr: Hört sich doch machbar an. Allerdings war ich nach der Tour total platt, da insgesamt sehr unruhig gefahren wurde und mir der Schnitt mit 31km/h zu schnell war. Darum die Idee: Ich organisier eine 400 km Tour. Am besten mit Fahrern, die leistungstechnisch gut zu mir passen.

Zuerst frage ich Maren „ich sag zu allem ja“ Ballerkowkoskaja (oder so ähnlich) und die Antwort war eigentlich absehbar: „Klar, ich bin dabei“. Als nächstes klopfe ich bei Stefan „Mike Meyers“ Meisner an. Der Mann mit dem eine lustige Ausfahrt garantiert ist. Er ist mir zwar zu schnell, aber er verbreitet beim Schnellfahren so eine Ruhe, so das ich in der Lage bin, über meinen eigenen Schatten zu springen. Außerdem kann unterwegs niemand so gut motivieren wie er. Zitat: „Nur noch 50km bis zum nächsten Supermarkt, dann noch mal 30 bis zur Tankstelle und dann haben wir Rückenwind. Easy.“ Wir drei einigen uns auf einen Termin und ich entwerfe eine erste Strecke, die bei Stefan nicht gut ankommt, da er sie in großen Teilen bereits kennt. Währenddessen frage ich, ob bei Maria „der Ruhepol“ Heimann Interesse besteht. Sie sagt zu und hat die Idee nach Polen zu fahren. Ich plane neu und entwerfe eine Strecke, die von der Länge her passt. Das Reiseziel: Stettin. Nun frage ich noch Michael „den Fotografen“ Krüger, ob er mitkommen möchte.

Die Strecke ©Mr.Komoot
Die Strecke ©Mr.Komoot

Jetzt sind die 5 M’s zusammen, die die Tour bestreiten wollen.  Maren, Michael, Maria, Marc und ups … Stefan. Wir beschließen, Stefan während der Fahrt komplett mit Mike anzusprechen. Klappt leider nicht so richtig, da in letzter Minute Christian Treml noch zur Gruppe hinzukommt. Aber wenigstens hier werde ich nun Stefan als Mike bezeichnen, da er für den lustigsten Moment der Tour sorgt. Aber dazu später mehr.

Es geht los

Genau eine Minute bevor der Wecker klingeln soll werde ich wach. Es ist 4 Uhr. Zum Glück ist das Rad bereits fertig gepackt. Also ganz in Ruhe: Kaffee und noch einen Kaffee. Auch wenn es total früh ist, auf mein Startritual kann ich nicht verzichten. Also esse ich einen Teller voll mit Erdbeermarmeladenbrot. Habe ich bisher vor jeder langen Radtour gemacht und war immer gut. So auch heute. Gegen 5 Uhr fahre ich los. Das schwierigste ist geschafft. Ich rolle ganz langsam zur Araltankstelle. Dort habe ich mich mit Mike und Michael verabredet.

Mein Rad
Mein Rad

Ich muss kurz warten. Wir begrüßen uns und schon geht es los zum eigentlichen Startpunkt nach Adlershof. Ab jetzt ist Schluss mit langsam. Wir fliegen fast über die leeren Straßen. So macht Radfahren echt Spaß. Gleichzeitig treffen wir mit Maria am Startpunkt ein. Nun haben wir etwas Zeit zum Quatschen. Kurz drauf treffen dann auch Christian und Maren ein. Nun geht es richtig los.

Der Weg nach Stettin

Als Weg aus der Stadt dient die Strecke, die ich bereits von meiner ersten 200km Radtour (Danke Christian Hoell) kannte. Ich mag den Weg über Ahrensfelde, da er auch im Berufsverkehr gut zu fahren ist. Am Wochenende,  6 Uhr morgens, ist natürlich alles komplett leer und wir kommen eigentlich gut voran. Mit einer Ausnahme: Pipi Pause in der Wuhlheide. Fängt ja gut an. Als es weitergehen sollte, zeigt Christian seine 1a Federung am Vorderrad: Reifenschaden. Also weiter warten.

Irgendwann geht es dann doch endlich weiter. Die Strecke führt teilweise weiter über mir bekannte Wege. Auch hier führte meine erste 200km Tour entlang. Ich erinnere mich an die Momente, wie ich, total naiv, mit meinem CX erfolgreich versuchte, mit 7 Rennrädern mitzuhalten. Heute läuft es irgendwie viel, viel einfacher. Wir sind schneller und trotzdem kann ich mich unterhalten. Im letzten Jahr war ich dazu überhaupt nicht fähig.

Maria und Maren ©M.Krüger
Maria und Maren ©M.Krüger

Kurz vor Eberswalde verlassen wir die mir bekannten Wege. Fahren direkt am Schiffshebewerk Finowfurt vorbei. An einer Brücke springt Mike die Kette vom Rad und zwingt uns zu einer nächsten Pause. Die Kette ist schnell wieder drauf, aber dann meldet sich Christian seine Federung zurück. Diesmal lässt sich der Schlauchreifen nicht mehr retten, da wohl Dichtmilch das Ventil verstopft hat und somit keine Luft mehr gepumpt werden kann.

Wir verabschieden uns schweren Herzens von Christian und fahren weiter nach Oderberg. Dort erkenne ich eine Kreuzung wieder, von der aus es beim Osthammer 200 an die Oder ging. Zum Glück müssen wir da heute nicht lang, denn der Weg war sehr schlecht. Mike steuert eine Spaßkasse an und zwingt uns zur nächsten Pause. Michael nutzt sie, um die wohl teuersten Batterien Deutschlands zu kaufen und der Rest der Gruppe sucht essbares bei einem Bäcker.

Frühstückspause ©M.Barkowsky
Frühstückspause ©M.Barkowsky

Dort scheint die Zeit stehen geblieben zu sein. Bäckerei Junge mit Tradition seit 1868. Einrichtungstechnisch sieht es hier aus, wie es in den 80er Jahren in der DDR ausgesehen hat. Sogar die Original-DDR Fliesen hängen an der Wand. Das Personal der Bäckerei ist super nett. Wir nehmen alle einen türkischen Kaffee und suchen uns jeweils eine Kleinigkeit zum Essen aus. Und wenn man schon einmal Pause macht, sollte man die Zeit auch nutzen um sich zu erleichtern. Wir fragen nach einer Toilette. Ist natürlich keine vorhanden, aber wir dürfen die Privat-Toilette in der Bäckerei nutzen. Mir fällt sofort auf, das dort auf dem Toiletten-Papier kleine Osterhasen aufgedruckt sind. Ich finde das süß und stecke mir daher ein kleines Stückchen in die Trikot-Tasche. Sorry dafür!

Weiter geht es an der Oder entlang in Richtung Schwedt. Und schon wieder schlägt der Pannenteufel zu. Diesmal trifft es mich. Pause. Mike legt sich so lasziv auf die Wiese, als wenn er sich in der Südsee an einem tollen Strand befinden würde. Für mich fällt die Pause aus: Schlauch wechseln. Aber erst einmal kippe ich den kompletten Inhalt meiner Tasche aus, da das Werkzeug natürlich ganz unten liegt. Mit neuem Schlauch geht es dann aber schnell weiter. Mike muss seinen Traumstrand leider verlassen.

Gehört leider auch dazu ©M.Krüger
Gehört leider auch dazu ©M.Krüger
Entspannung pur ©M.Krüger
Entspannung pur ©M.Krüger

Mein Rad klappert nun, relativ leise aber es klappert. Mich macht es nervös. Habe ich beim Schlauchwechsel irgendwas falsch gemacht? Ich versuche den Fehler zu lokalisieren. Gang hoch, Gang runter, kurz anbremsen … das ist es alles nicht. Vielleicht die Tasche? Nee, kann auch nicht sein. Dann nehme ich mir einen Schluck zu trinken und das Geräusch ist weg. Ok, es ist der Flaschenhalter. Also kein Problem. Später stelle ich fest, das es nur klappert, wenn sich die weiße Flasche im vorderen Halter befindet. Die beiden Flaschen tauschen ihre Plätze und alles ist wieder gut.

Auf dem Weg nach Polen ©M.Krüger
Auf dem Weg nach Polen ©M.Krüger

Der Rest des Weges nach Stettin verläuft dann endlich ohne Probleme, wir kommen gut voran. In Polen wird es etwas langsamer, da die Straße deutlich schlechter wird. Wir erreichen Stettin. Hier sieht es wieder ein wenig so wie in der ehemaligen DDR aus. Hohe Plattenbauten, Betonstraßen, … die Autos sind aber deutlich moderner. Ich wundere mich, wie man mit den schönen Autos über die Schlaglochpisten fahren kann. Teilweise sind in Stettin die Schlaglöcher so groß, das man ein ganzes Kinderfahrrad darin verstecken könnte.

Stettin ©M.Krüger
Stettin ©M.Krüger

Die Mittagspause

Wir erreichen die Altstadt und ich erkenne sofort das Restaurant, in dem ich einen Tisch reserviert hatte. Fix stelle ich mein Rad ab und kümmere mich um den Tisch. Endlich wieder sitzen. Wir bestellen uns jeder eine große Cola und sind erstaunt, als wir die Gläser dann bekommen: 0,7 Liter. Man benötigt beide Hände um aus dem Glas zu trinken. Großartig. Wir bestellen uns was zum Essen. Ich entscheide mich für den Backfisch in Bierteig mit Pommes und Krautsalat. Leider müssen wir auf das Essen recht lange Warten, da das Restaurant voll ist. Also bestellen wir uns noch eine zweite Cola.

Mega große Cola ©M.Barkowsky
Mega große Cola ©M.Barkowsky

Kurz drauf kommt dann auch das Essen. Das Warten hat sich voll gelohnt: das Essen ist richtig gut. Mike stellt fest, das er auf einen Brevet noch nie so gut gegessen hat. Ich als „Reiseleiter“ fasse das als Kompliment auf. Maria entscheidet sich noch für ein Dessert und Maren hat immer noch Hunger und ordert eine Portion Pommes nach. Insgesamt verbringen wir gut 2,5h in dem Restaurant. Ok damit kommen wir spät, sehr spät zu Hause an. Aber das ist auch egal.

Futter fassen :-) ©M.Krüger
Futter fassen 🙂 ©M.Krüger

Auf geht es nach Hause

Nach dem Essen startet ein interessantes Experiment: Kann man mit 1,4 l Cola im Bauch noch Fahrrad fahren? Brauchen wir alle Nase lang einen Baum um die Blase zu erleichtern? Schlägt dort wieder der Pannenteufel zu? Ich mach es kurz: Ja man kann fahren. Wir kommen aber nur recht träge in Fahrt. Stettin macht bei der Ausfahrt in Richtung Süden nur wenig Spaß. Die Schlaglöcher werden größer. Nun passen fast ganze Autos hinein. Wo sich mal ein Stückchen Asphalt befindet schlägt er Wellen, wie auf der Ostsee bei Windstärke 5. Ich bereite mich seelisch auf 70km Schotterpiste vor. Es folgt aber erst einmal ein Stückchen hässliche Bundesstraße. Zumindest ohne Schlaglöcher.

Anschließend geht es überraschender Weise über schöne Nebenstraßen mit gutem bis sehr gutem Asphalt. Nur innerhalb von Ortschaften wird es schlechter … Schlaglöcher. Die Straßen sind hügelig. Es geht immer leicht rauf und runter. Wir machen Pause an einem Supermarkt. Hier sorgt Mike für die Slapstick-Einlage des Tages. Er setzt sich auf einen Fahrradständer neben einen kleinen Hund. Wir machen ein Selfi und bemerken, das er da sitzt als würde er gerade kacken. Eine Scene die so in jedem Austin Powers Spielfilm hätte vorkommen können. Dann erzählt er auch noch, wie ihn ein paar Tage zuvor auf einem Konzert der Reißverschluss der Hose geplatzt ist. Wir können nicht mehr vor lachen. Kommen kaum wieder aufs Rad.

Austin Powers Teil 5 ©M.Heimann
Austin Powers Teil 5 ©M.Heimann

Christian der Held des Tages

Kurz vor der deutsch-polnischen Grenze treffen wir wieder auf Christian. Der verrückte Kerl ist doch tatsächlich mit der Bahn nach Hause gefahren, hat sich einen neuen Reifen montiert und ist uns auf den Track entgegen gefahren. Für mich ist er damit der Held des Tages. Ich weiß nicht, ob ich an seiner Stelle von zu Hause noch ein zweites Mal losgefahren wäre. Hut ab! Nun sind wir jedenfalls wieder vollzählig.

Christian ist wieder da! ©M.Krüger
Christian ist wieder da! ©M.Krüger

An der Grenze machen wir noch einmal Pause bei McDonalds. Dort lerne ich, das man sich dort schlecht die Trinkflaschen auffüllen kann. Ich nehme aber trotzdem eine Flasche voll mit warmen Wasser mit. Habe die Hoffnung, das der Fahrtwind sie kühlt. Ab nun geht es in der Dunkelheit weiter. Für mich das erste mal. Klar bin ich schon in der Nacht Rad gefahren, aber noch nie in der Gruppe. Ich experimentiere mit 2 Frontlampen. Fahre ich vorne in der Gruppe habe ich beide Lampen an, während ich in der Gruppe eine ausschalte. Strom sparen, kann nicht schaden.

Und wir fahr'n mit deinem Rad durch die Nacht. ©M.Krüger
Und wir fahr’n mit deinem Rad durch die Nacht. ©M.Krüger

Wir sind müde und haben kaum noch Wasser in den Flaschen. Daher planen wir einen weiteren Stop an der Tankstelle in Lichenow. Mittlerweile sehe ich Dinge, die nicht da sind. Sehne mich nach einer Pause. Plötzlich raschelt es im Gebüsch und ein Dachs rennt Maren fast ins Rad. Kurz vorher dreht er bei und läuft etwa 100 Meter mit uns mit. Da wir den Dachs alle gesehen haben, war er wohl wirklich da.

Was wir dann auch alle sehen ist, das die Tankstelle leider geschlossen hat. Wir überlegen, wie es weiter gehen soll! Unser Problem heißt Wasser. Mike sucht auf dem Handy nach offenen Tankstellen. Alles nicht erreichbar. Michael und ich machen uns mit einem Arm voll Trinkflaschen auf dem Weg zu einem Wohnhaus, in dem noch Licht brennt. An der Tür gut ein Duzend Namen: Wo klingeln? Wir probieren, im Flur geht Licht an, an der Sprechanlage der Tür verstehen wir aber kein Wort. Wir probieren nochmal. Diesmal passiert gar nichts. Also klingeln wir noch an einer dritten Klingel. Dann finden wir im Garten einen Wasserhahn und füllen schnell unsere Flaschen. Als wir dann weiter wollen stehen gefühlt alle Bewohner des Hauses an den Fenstern. Wir entschuldigen uns und fahren weiter.

Unser nächstes Ziel: Die Aral Tankstelle in Schmöckwitz. Mike ist sich sicher das sie offen hat, naja fast, er vermutet, das sie bei unserem Glück heute Nacht Inventur machen. Der Weg dorthin ist zäh. Die Müdigkeit wird immer schlimmer. Die Abstände zwischen den Rädern wachsen und jeder ist voll konzentriert um unfallfrei um die Kurven zu kommen. Zum Glück ist es nicht weit und die Tankstelle hat offen. Kaffee und Cola laufen jetzt gut. Als es weitergehen soll meldet sich Christian: Hinterrad hat wenig Luft. Ach bitte nicht schon wieder. Er meint aber das er weiterfahren kann. Wir fahren das letzte Ende bis Adlershof und trinken in einem Dönerladen unser wohlverdientes Zielbier.

Gute Laune am Ziel ©M.Barkowsky
Gute Laune am Ziel ©M.Barkowsky

 

3 Gedanken zu „Für lecker Backfisch nach Stettin…kann man machen“

  1. Danke für diesen tollen Bericht und die Idee zu dieser wundervollen Tour, Marc! Hat einfach riesen Spaß gemacht mit euch und gerne bin ich mal wieder dabei.
    Gruß Michael

  2. Pingback: Marc-Alinski.de My personal Everest liegt nun in Holland - Marc-Alinski.de

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